Punkt 7 Uhr an diesem regnerischen Juni-Tag werde ich freundlich und humorvoll begrüsst in der Werkstatt der Wasserversorgung im Storchen, jenem Stück Land im Geviert Wallisellen-/Birchlen-, Meiershof- Unterdorf-, sowie Adlerstrasse, auf welchem die Wasserversorgung Dübendorf (WVD) ihren Standort hat und wo sie bis 1976 noch Grundwasser gepumpt hatte. Wir werden wohl heute von oben (Regen), unten (Graben, Arbeiten an einer Wasserleitung) und in der Mitte (Hydrant) nass.
Die WVD
Als Tiefbauvorstand vertrete ich den Stadtrat im Vorstand der WVD – aus gutem Grund. Unter der Strassenoberfläche tummeln sich Wasserleitungen, Abwasserkanäle, Gasleitungen, Stromleitungen, Swisscom-Leitungen und weiteres (z.B. teilweise alte, ausser Betrieb genommene Leitungen). Bei Grabarbeiten kann es immer wieder Überraschungen geben (Geologie, Altlasten etc.). Da Tiefbauarbeiten viel Geld kosten, ist es sinnvoll, dass die verschiedenen Werke sich koordinieren und so Synergieeffekte nutzen und damit Kosten sparen. Wir wollen wenn immer möglich vermeiden, das z.B. die Abteilung Tiefbau eine Strasse saniert, und nur ein Jahr später graben die Glattwerk AG oder die WVD erneut im selben Abschnitt, um ihre Leitungen zu erneuern.
Die WVD versorgt die Einwohner sowie Gewerbe und Industrie seit 1894 mit Trinkwasser im Auftrag der Stadt, primär Dübendorf, aber das Zwicky-Areal (teilweise auf Walliseller Gemeindegebiet) gehört auch dazu. Nicht darunter fällt Gockhausen, welches von der Wasserversorgung Tobelhof-Gockhausen-Geeren (WVTGG) bedient wird.
Damals im 1894 hatte die WVD gemäss Chronik ein Leitungsnetz von rund 6km (heute sind es 98km Versorgungsleitungen und rund 46km Hausanschlussleitungen) mit 42 Hydranten (per Ende 2023 waren es 902). Die WVD hat zur Feier ihres 125jährigen Bestehens 2019 der Stadt Dübendorf den geschwungenen Brunnen auf dem Stadthausplatz geschenkt.
Die WVD ist eine Genossenschaft mir rund 300 Mitgliedern und als solche sehr schlank aufgestellt. Gemäss Statuten können Personen Mitglied werden, wenn sie im Bereich des Leitungsnetzes der WVD Gebäude-Eigentümer mit Wasseranschluss und eigenem Wasserzähler sind.
Rund 60% des «Dübi-Wassers», d.h. die 2.6 Mio. Kubikmeter Wasser, welche jährlich aus unseren Hähnen fliessen, stammt aus dem Zürich-See und 40% aus den drei Grundwasserpumpwerken Eglishölzli, Stiegenhof und Widacher. Der Quellertrag ist vernachlässigbar klein. Diese drei Wasserquellen werden gut gemischt, so dass die Charakteristika des Dübi-Wassers (z.B. Härte) auf dem Stadtgebiet überall etwa gleich sind).
Vor dem Einsatz draussen
Als erstes ziehe ich mich um: WVD-Mitarbeite tragen «draussen» stets Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen, gelbe Hosen mit zwei reflektierenden Leuchtstreifen, ein blaues T-Shirt sowie eine gelbe Jacke oder Weste. Auf Baustellen tragen sie stets einen blauen Helm.
Auf dem Whiteboard im Büro sind jeweils die Tagespläne der nächsten zwei Wochen eingetragen. Die Arbeiten sind erstaunlich vielfältig: Bauprojekte und damit der Ein- oder Umbau von Wasserleitungen, Sanierung bestehender Leitungen, Spühlung von Stichleitungen (zur Vermeidung von Verkeimung), Installationskontrollen, Einbau oder Kontrolle von Wasserzählern (neuere können per Funktechnik «fern» ausgelesen werden), monatlich Wasserproben entnehmen, Weiterbildungen besuchen etc.
Heute auf dem Programm stehen u.a. Arbeiten an der Gärtnerstrasse, an welcher aktuell die Strassensanierung läuft, sowie im Huebwisen-Areal nördlich der Ueberlandstrasse, an welcher vor einigen Tagen ein Rohrbruch geschah und deshalb ein Keller teilweise überschwemmt wurde.
Ich darf heute Hampi begleiten. Wir rüsten den Kleinlaster aus mit den nötigen Werkzeugen. Faltschlauch, Pumpe, Generator, Schmiere, Spezialschlüssel und weiteres Material sind schon auf der Ladebrücke, dazu kommen eine Stichsäge, 2 grosse, blaue Metall-Kupplungen für ein Polyethlyen-Wasserrohr mit 160mm Durchmesser.
Die beiden Enden des rund 1.5m langen neuen Rohrabschnitts rauhen wir mit einem kurbelbetriebenen Schaber auf, und schrägen die Enden mit einem anderen Schaber noch, damit die Kupplungen optimal befestigt werden kann.
Gärtnerstrasse
Auf der Baustelle im für uns relevanten Graben sind derzeit zwei Personen einer Baufirma tätig. Die Gärtnerstrasse ist aufgrund der Bauarbeiten an mehreren Stellen nur knapp einspurig befahrbar und der Graben ist gefühlt bis zu 2m tief. Der Betonkabelkanal der Swisscom ist freigelegt, ebenso wie der alte Stromkabelkanal mit weissen Rohren der Glattwerk AG und die schwarze Röhre mit den blauen Streifen der WVD. Sichtbar sind auch Stummel noch älterer, ausser Betrieb genommener Stromkabel. Der bestehende Hydrant ist freigelegt und steht wie eine Insel auf einem rund 1.60m langen, senkrechten Zuleitungsrohr, welches dann bei einem einbetonierten Knick horizontal mit der bestehenden Wasserleitung verbunden ist.
Auftrag heute ist, den nicht mehr benötigten Hydranten und dessen Anschlussleitung zu entfernen, und dafür rund 1.5m der bestehenden Wasserleitung zu ersetzen. Hampi misst das bestehende Rohr und markiert Schnittpunkte. Die betroffenen Haushalte sind standardmässig einige Tage vorher mittels Papierflyer in ihren Briefkästen auf die geplante Unterbrechung der Wasserzuleitung zwischen 8 und 12 Uhr informiert worden.
Dann stellen wir das Wasser im Perimeter ab, indem wir an zwei Schiebern mit einem speziellen Schraubenschlüssel schrauben und so die Leitung temporär zuschrauben. Im Leitungsnetz gibt es Hunderte von Schiebern. Diese sind jeweils unter runden Metallplatten von ca. 15cm Durchmesser im Strassenraum verborgen. Nimmt man diese Metallplatte weg, ist zylinderförmiges Loch sichtbar, in dessen Mitte ein 4-kantige Stange ist, an der man schrauben kann.
Gerade wenn ein Hydrant unglücklich umgefahren würde, so dass er nicht an der Sollbruchstelle bricht und darum nicht durchs Sicherheitssystem verschlossen wird, kann dies zu einer starken Wasserfontäne führen, schliesslich herrscht in der Leitung ein Druck von 7bar. Dann müsste die WVD dringend alle Leitungen, die zum betroffenen Hydranten führen, temporär mittels Schiebern absperren, um Überschwemmungen möglichst zu vermeiden.
Während Hampi mit der Stichsäge ein Rohrstück präzise entfernt, tausche ich mich mit den Bauarbeitern aus. Sie erzählen, sie hätten in der Gärtnerstrasse etwas weiter entfernt entdeckt, dass eine Hauszuleitung, zwar isoliert, früher offenbar quer durch den Abwassersammelschacht durchgebohrt wurde, was natürlich nicht sein sollte. Auch habe es kleinere Überraschungen beim Swisscom-Kanal gegeben, unter welchem der neue Rohrblock der Glattwerk AG geplant ist. Diese Überraschungen generieren dem Bauprojekt wohl etwas mehr Aufwand, als geplant war. Der Untergrund ist immer für Überraschungen gut!
Durch das Zersägen der Wasserleitung wird natürlich das sich noch in der Leitung befindliche Wasser entleert und es beginnt den Graben zu füllen und. So starten wir die Pumpe, mit welcher dieses Wasser in den Breitibach geleitet wird.
Danach werden die Enden der im Graben befindlichen, angesägten Leitung aufgeraut. Das neue Rohrstück, mit den beiden Doppeldichtungskupplungsstücken legen wir in den Graben und verschrauben es mit den beiden Enden der bestehenden Leitung.
Nach der Znüni-Pause sperren wir zwei weitere Schieber ab und öffnen dann einen Hydranten, an dem wir zuvor einen Faltschlauch mit Druckentlaster über dem nächsten Strassenentwässerungsschacht befestigt haben. Kurz darauf öffnen wir dann sachte die Schieber am Ende des Perimeters, um den Abschnitt der Wasserleitung in der Gärtnerstrasse, der durch den Austausch des Rohrstücks betroffen ist, gründlich zu spühlen. Pro Minute rauschen mehrere Hundert Liter Wasser aus dem Hydranten und das Wasser zischt und sprudelt in den Schacht.
Ich sichere den Schlauch, damit dieser von den (teilweise sehr, teils zu wenig vorsichtig) vorbeifahrenden Autos auf der Birchlenstrasse nicht mitgerissen wird. Nach wenigen Minuten schliessen wir den Hydranten, öffnen die Schieber und die Wasserleitung im Perimeter ist nun wieder vollständig ans Netz angeschlossen.
In der Zwischenzeit kommt ein Ingenieur vorbei und vermisst die Position der zwei eingebauten Kupplungen mit einem Messstab mit eingebautem Display und einer Faust-grossen Bedienung. Diese Daten werden danach ins lokale Geoinformationssystem der Stadt eingespiesen, damit bekannt bleibt, wo genau (Koordinaten, und Höhe) sich die Wasserleitung befindet und diese Kupplungen.
Dann legen wir die Zuleitung des ausgedienten Hydranten (Nr. 301) frei und heben diesen mithilfe eines Baggers auf die Strasse. Dort zertrümmert ein Arbeiter der Strassenbaufirma den kleinen betonierten Sockel mittels Vorschlaghammer, und schon werden der freigelegte Hydrant mitsamt altem Rohrstück auf den Kleinlaster der WVD gehievt.
Abschluss
Schliesslich deckt Hampi die Schrauben der Kupplung mit einem Band mit wachs-/gel-artigem Film ab, als Korrosionsschutz. Nach kurzem Aufräumen beginnen die Strassenbauarbeiter, die bisher im Graben freigelegene Wasserversorgungsleitung mit Kies und Erde zuzudecken. Es wird später ca. 30cm über der Wasserleitung noch ein Plastik-Warnband in den Graben gelegt. Dies um bei künftigen Tiefbauarbeiten in diesem Perimeter den dannzumaligen Baggerführer zu warnen, das unten dann demnächst eben die Wasserleitung liegt.
Wir prüfen noch kurz den Entlüfter am Ende der Gartenstrasse. Dann geht es für uns geht es kurz nach 11 Uhr in den Storchen zurück zum Werkzeug putzen und ordnen, Batterien laden, Abfall entsorgen sowie zum Rapport schreiben und Inventar aktualisieren. Ich darf noch ein paar Blicke ins Lager werden mit unzähligen Teilen wie Rohrstücken, Wasserzählern und anderes (die Fachausdrücke habe ich wieder vergessen).
Ich bedanke mich bei Betriebsleiter Peter Meier und dem Team für die Möglichkeit, ihre Arbeit einen halben Tag lang zu begleiten und kennen lernen zu können und kehre um 12.20 Uhr zu meinem normalen Erwerbsleben zurück.
Weiteres zur WVD und zur WVTGG
wvd.ch
wvtgg.ch























