Statt Numerus Clausus: Mehr Hochschulautonomie und mehr Verursacherprinzip! (15.3.2015)

Vor kurzem forderten einige Parlamentarier die Erweiterung des Numerus Clausus (NC) auf Fächer der Geistes- und Sozialwissenschaften, in denen es „zu viele“ Studierende gäbe, welche „im Arbeitsmarkt nicht gebraucht“ würden. Die Statistik widerspricht der These: Die Arbeitslosigkeit von Absolventen fünf Jahre nach Abschluss ihres des Master-Studiums ist bei Geistes-/Sozialwissenschaftlern mit 2.8% tiefer als unter Naturwissenschaftlern (3.8%).

Entscheidend für den persönlichen Erfolg wie auch für den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen des Studiums ist weniger die Studienrichtung als vielmehr das persönliche Engagement, sich weiter zu entwickeln und die Leidenschaft jedes einzelnen Menschen, sowie neben Fach- v.a. auch methodischen Kompetenzen, um z.B. Probleme zu analysieren und zu lösen. Deshalb sollen Studierende ihr Fach nach ihrem Gutdünken auswählen. Die Politik hat diese Studienentscheidungen zu akzeptieren.

Der NC ist überholt und sollte abgeschafft werden. Er schliesst heute potenziell gute Kandidaten aus und verschwendet damit deren Potenzial. Mit dem NC definiert der Staat, wie viele Studienplätze in einer Richtung genug sind. Dies ist prinzipiell fragwürdig. Denn wie soll der Staat, d.h. die Politik, wissen, wie viele Absolventen einer Richtung für die Wirtschaft und Gesellschaft sinnvoll sind?

Die Medizin zeigt anschaulich, wie die Politik hier versagt: Die Schweiz bildet zu wenig Ärzte aus, konnte dies aber bisher einigermassen wettmachen durch die Einwanderung von medizinischen Fachkräften. Mit der künftigen Kontingentierung der Einwanderung und der kommenden Welle von Pensionierungen vieler (Haus-)Ärzte in der Schweiz droht eine Ärztemangel, v.a. in ländlichen Regionen.

Die Politik kennt dieses Problem, löste es aber bisher nicht. Es braucht deshalb mehr Marktmechanismen. Die Hochschulen sollen mehr Autonomie aber auch mehr finanzielle Verantwortung erhalten, und können so rascher auf veränderte Marktbedingungen reagieren. Da die Nachfrage nach Ärzten steigen wird, könnten sie rasch mehr Studienplätze in der Medizin anbieten. Zur Finanzierung braucht es neben mehr öffentlichen Geldern aber auch eine Stärkung des Verursacherprinzips via höhere Studiengebühren, mehr Studienkredite und mehr Drittmittel (wo die Universität St. Gallen eine Pionierrolle spielt). Ringt sich die Politik nicht dazu durch, müsste man über private Alternativen nachdenken.

Wenn überfüllte geisteswissenschaftliche Fächer ein Problem darstellen, könnten höhere Studiengebühren helfen, mehr Studienplätze anzubieten, zumal die Kosten (im Vergleich zur Medizin) relativ tief sind. Andererseits könnte das Studienangebot ausdifferenziert werden: z.B. Online-Studiengänge mit tieferen Gebühren. Diese könnten durch die Hochschulen mit einem relativ geringen Mehraufwand offeriert werden, und wären attraktiv für Studierende, die bereits heute dem Hörsaal oft fernbleiben.

Adrian Ineichen

Vizepräsident FDP Dübendorf
Kantonsratskandidat, FDP Liste 3, Bezirk Uster

Quellen

20 Minuten (12. März 2015): „SVP will Numerus clausus für Psychologie-Studenten“
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/16405368

Bundesamt für Statistik (2015): „Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen auf dem Arbeitsmarkt. Erste Ergebnisse der Längsschnittbefragung 2013.“ Erwerbslosenquote von Masterabsolventen (universitärer Hochschulen) fünf Jahre nach Studienabschluss (S. 11)
http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/news/publikationen.html?publicationID=5864